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Impulskontrolle

Impulskontrolle ist die Fähigkeit, seine natürlichen Impulse zu regulieren und angemessen zu reagieren. Wer sich selbst und seine Impulse kontrollieren kann, läuft weniger Gefahr verletzt zu werden und wird innerhalb der Gruppe besser angenommen. Jeden neuen Hund gleich anzubellen führt eher zur Isolation als zu neuen Freunden.

Podcast-Folge

I wie Impulskontrolle

Impulskontrolle ist eine Fähigkeit, die großen Einfluss hat auf das Zusammenleben mit unseren Hunden. Auf meiner Hunderunde erzähle ich dir, worum es sich für mich dreht, warum Erregungskontrolle und Frustrationstoleranz durchaus dazu gehören und wie unter anderem die Reizangel helfen kann.

Warum ist Impulskontrolle wichtig?

Impulskontrolle spielt überall dort eine Rolle, wo starke Reize eine starke Reaktion beim Hund auslösen können. Zum Beispiel:

  • Jagen von Autos, Menschen, Tieren gefährdet den Hund und die anderen
  • Das Nichtreagieren auf erlernte Signale, wenn der Hund gerade etwas anderes möchte.
  • Der Umgang mit starkem Stress und der Fähigkeit, Erregung kontrollieren und abbauen zu können.

Wie entwickelt sich Impulskontrolle beim Hund?

Ob ein Hund sich und seine Impulse kontrollieren kann, liegt an vielen Dingen:

Genetik

Je nach Rasse und Ziel der Selektion sind Hunde reizoffener und reagieren impulsiver als andere. Ein Hund, der gezüchtet wurde, auf kleineste Reize zu reagieren, um zum Beispiel große Schafherden zu kontrollieren, ist auch schnell überfordert mit den Reizen. Ein Hund, der sich gegen starke Gegner wehren muss (z.B. Füchse) ist eventuell kompromissloser und reagiert heftiger.

Charakter

Auch unterschiedliche Charaktere haben einen Einfluss auf die individuelle Fähigkeit, mit Impulsen umzugehen. Die Ursachen liegen hier in der Genetik plus den gemachten Erfahrungen. Typen bzw. Charaktere sind das Konglomerat auf genetischen Vorgaben und vielen individuellen Lernerfahrungen. So können in einem Wurf zwei komplett verschiedene Individuen entstehen, obwohl de Genetik und die Erfahrungen sehr ähnlich sind.

Sozialisierung

Haltungsbedingungen beim Züchter, Gesundheit und die Möglichkeiten dort entscheiden maßgeblich darüber, wie Hunde mit Stress umgehen lernen. Dieser Umgang hat wiederum mit der Fähigkeit zu tun, seine Erregung und seine Impulse kontrollieren zu können. Hunde, die zu früh von der Mutter getrennt wurden, Mangelerscheinungen hatten, gesundheitlich angeschlagen waren oder zu wenig bzw. schlechte Erfahrungen machen mussten, haben oftmals Probleme mit der Impulskontrolle und ihrem Stresssystem.

Lernen

Auch Lernerfahrungen spielen eine große Rolle. Gerade Tierschutzhunde aus großen Zwingeranlagen leben oft in ständiger Angst vor Verletzungen und Übergriffen. Sie können nicht fliehen und ihnen bleibt nur der Weg in die erlernte Hilflosigkeit oder den Angriff nach vorn. Wofür sie sich entscheiden, hängt wiederum an den zuvor genannten Punkten.

Wie fördert man Impulskontrolle bei Hunden?

Im Leben mit dem Menschen brauchen Hunde unglaublich viel Impulskontrolle. Während sie vielen Reizen normalerweise ausweichen würden oder durch Erfahrung lernen würden, mit diesen umzugehen, geht das im Zusammenleben mit dem Menschen oft nicht.

Man muss sehr dicht an fremden gefährlichen Hunden und Menschen vorbei. Man muss Silvester aushalten und Autos in Ruhe lassen. Man wird z.B. durch die Leine ständig begrenzt und darf typische Hundedinge nicht tun. Unsere Hunde müssen extrem viel zurückstecken.

Um ihnen bei der Anpassung in der Menschenwelt zu helfen und ihre Impulskontrolle zu stärken, gibt es aber Möglichkeiten:

1. Training

Generelle Impulskontrolle kann durch gezieltes Training gefördert werden. Übungen wie das Warten auf Kommandos, das „Sitz“ oder „Bleib“, können helfen, die Selbstkontrolle des Hundes zu stärken. Der Hund lernt so, nicht ständig sofort zu reagieren, sondern Situationen auszuhalten. Dazu gehört nicht nur, dass er die Spannung halten lernt und dann doch zum Erfolg zu kommen. Es gehört auch dazu, dass er akzeptieren lernt, manche Dinge nie zu erreichen. Wenn er zu diesem Baum möchte, wird er festgehalten und bekommt ein Alternativangebot, wie das Laufen in die entgegengesetzte Richtung und ein Leckerchen. Wartet man ab, bis der Hund selbständig entscheidet, dieses (einzige) Angebot anzunehmen, lernt er, seine Impulse auch mal zurückzustecken.

Da Hunde im Alltag oft zurückstecken müssen, ist es wichtig, darauf zu achten, dass er sich nicht ständig und ausschließlich zurücknehmen muss. Er muss auch mal Hund sein dürfen!

2. Ablenkungen nutzen

Üben unter Ablenkung. Ablenkungen sind das Training mit gegenteiligen Motivationen. Der Hund möchte gern Kontakt zum anderen Hund, soll aber zurückkommen. Er muss seine Impulse zurückstecken. Bekommt er dann ab und an die Belohnung, die er haben wollte, lernt er, dass es sich für ihn lohnt, sich zurückzunehmen.

3. Ruhe fördern

Impulse und Erregung kontrollieren kostet viel Energie. Die muss auch wieder getankt werden. Verarbeitungszeit in Form von Ruhe sind deshalb extrem wichtig. Der Hund braucht einen Rückzugsort und die Möglichkeit, schlafen zu können. Gerade sehr impulsive Hunde müssen viel Kraft tanken, um mit den nächsten Situationen wieder klarzukommen und sich im Griff zu behalten.

Gezielte Ruhe- und Schlafpausen und -orte sind wichtig, genauso wie ein trainiertes Entspannungssignal, welches dem Hund hilft, sich abzuregen.

4. Grenzen setzen

Klarheit, Bestimmtheit und Strukturen helfen impulsiven Hunden eine Rahmen zu haben, der sie stützt. Grenzen können dabei die Leine sein oder Verhaltensvorgaben, die der Hund bekommt oder ein Kindergitter hinter dem der Hund seinen Ruheplatz hat. Dafür muss der Mensch wissen, was er will, damit er seinem Hund ein gutes sicheres Vorbild sein kann.

5. Geduld und Konsequenz

Seine Impulse kontrollieren zu lernen, braucht Zeit und Ruhe. Je ungeduldiger der Mensch ist und damit emotionaler desto geringer die Chance, dass er es lernt. Der Mensch muss Vorbild und Ankerpunkt sein in jeder Entwicklungsphase, die der Hund durchmacht. Nur so wird sich der Hund so weiterentwickeln, wie der Mensch das möchte.

6. Positiver Umgang

Das Gute zu erkennen und zu fördern, den Hund so anzunehmen wie er ist und bedingungslos zu lieben ist die Grundlage dafür, dass er sich weiter entwickeln kann. Ein positiver Umgang mit Fokus auf dem erwünschten Verhalten ermöglicht es dem Hund Selbstbewusstsein, Selbstvertrauen und Sicherheit zu entwickeln. Das ist wiederum die Grundlage dafür, seine Impulse kontrollieren zu können.

Fazit

Impulskontrolle müssen alle sozialen Lebewesen lernen, wenn sie in der Gesellschaft anerkannt sein wollen. Das gilt für Menschen ebenso wie für Hunde. Wenn wir unseren Hunden diese Fähigkeit entwickeln helfen, arbeiten wir gleichzeitig an unserer Fähigkeit der Impulskontrolle. Wir lernen mit unseren Hunden!

Impulskontrolle im Hundekongress

Über Impulskontrolle habe ich im vierten Hundekongress mit Dr. Stephan Gronostay gesprochen. Im Stay@Home-Kongress habe ich mit Pia Gröning und Vanessa Engelstädter darüber gesprochen.

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Ariane Ullrich

Ariane Ullrich

Ariane Ullrich ist Verhaltensbiologin, Initiatorin des Hundekongresses, Hundetrainerin, Hundetrainertrainerin, Autorin und Referentin.

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