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Überschattung

Überschattung ist ein Begriff, der aus der Lerntheorie kommt, aber eine riesige Rolle im Umgang mit unseren Hunden spielt. Er bedeutet, dass ein Signal, welches der Hund wahrnehmen könnte, von diesem nicht wahrgenommen wird, weil ein anderes Signal deutlicher ist. Wenn beispielsweise das Wort Sitz gleichzeitig mit dem erhobenen Zeigefinger gesagt wird, dann ist der Zeigefinger für den Hund eindeutiger von allem anderen zu unterscheiden. Da Menschen viel reden, sind Worte nicht ganz so wichtig, wie Gesten. Berührungen sind noch einmal klarer für den Hund, ebenso wie Gerüche.

Podcast-Folge

U wie Überschattung

Training ist nicht immer einfach und trotz vieler Fehler lernen unsere Hunde meist, was wir wollen. Jede Menge Ärger könnten wir uns aber sparen und es unseren Hunden leichter machen, wenn wir unser Training verbessern. Überschattung ist da so ein Thema. Welches Signal lernt dein Hund eigentlich? Ich nehm dich mit in die Trainingstheorie!

Diese unterschiedlichen Wertigkeiten von Signalen sind ein häufiger Grund dafür, dass Hunde nicht das lernen, was wir wollen, was sie lernen.

Wir Menschen sind sehr auf verbale Signale geprägt, reden also viel und versuchen auf diese Weise mit dem Hund zu kommunizieren. Dieser achtet aber viel mehr auf Körpersprache und Sichtzeichen.

Ein Beispiel für Überschattung

So lernt der Hund, dass er sich setzen soll, wenn der Mensch frontal vor ihm steht und den Zeigefinger erhebt. Der Mensch, der diese Signale zeitgleich mit dem Wort Sitz gegeben hat, denkt, der Hund hat das Wort Sitz gelernt.

Ändert der Mensch jetzt die Sichtsignale, indem er nicht direkt vor dem Hund steht, diesen nicht anschaut und das Handzeichen nicht benutzt, sondern nur „Sitz“ sagt, wird der Hund sich nicht setzen.

Leider führt das oft dazu, dass der Hund als bockig oder stur bezeichnet wird. Dabei war der Mensch schuld, der dem Hund nicht das beigebracht hat, was er wollte.

Um Überschattungen zu vermeiden, ist es wichtig, auf seine Signale zu achten. Die frontale Körperhaltung und der Zeigefinger sind beim Trainingsaufbau sehr hilfreich. Wenn man aber möchte, dass am Ende der Hund es auf das Wort hin tut, muss dieses Wort als Signal gezielt eingebaut werden.

Das klappt dann, wenn dieses Wort die schon bekannten Signale ankündigt. Du sagst also ZUERST „Sitz!“ und danach hebst du den Zeigefinger. Nach einigen Wiederholungen lernt dein Hund, dass das Wort eine Bedeutung hat: es kündigt an, dass gleich das Sitzzeichen kommt. Der Hund wird dann das Sitzen vorwegnehmen, wenn es sich für ihn lohnt. Du hast das Wortsignal eingeführt.

Achte auf deine Signale!

Überschattungen geschehen im Hundetraining sehr schnell und sehr oft. Sie verwirren den Hund, lassen das Training schlechter werden und es dauert viel länger bis wir ein Ergebnis haben.

Deshalb ist es wichtig, sich klar zu machen, was wir am Ende wirklich wollen. In der Regel soll der Hund nämlich auf (meist nur ) ein einziges Signal (ein Wort) ein Verhalten zeigen. Das soll er immer und sofort zeigen, wenn er das Signal hört und bei jeder Ablenkung, egal wie weit ich weg bin (hören muss er mich natürlich noch).

Damit der Hund das versteht, muss ich im Training alle Zeichen, die er als Signal falsch verstehen könnte, abbauen oder vermeiden.

Noch ein Beispiel

Ich möchte, dass der Hund auf das Wort „Stups“ und meine hingehaltene Hand berührt. Dafür beginne ich anfangs ihm die Hand mit einem Leckerchen hinzuhalten. Dabei wird das Hinhalten der Hand und der Geruch des Leckerchens zum Signal. Deshalb wird nach den ersten Trainingsschritten das Futter aus der Hand weggelassen und der Hund lernt, dass es das Futter nach dem Verhalten aus der Tasche gibt.

Im weiteren Verlauf führe ich das Wortsignal ein, indem ich es gebe und erst DANACH meine Hand hinhalte.

Meine Körperposition verändert sich während dieser Trainingsschritte ständig, damit diese nicht als Signal verstanden werden. Der Ort sollte sich ändern, denn auch dieser kann ein Signal werden.

Hat der Hund es bis hierhin verstanden, baue ich nun die Hand als alleiniges Sichtsignal ab. Der Hund soll nämlich die Hand nur anstupsen, wenn ich es sage, nicht wenn ich die Hand hinhalte ohne das Wort. Die Hand selbst ist nämlich das wichtigere Signal welches das Wort meist überschattet.

Also halte ich die Hand hin, ohne etwas zu sagen und belohne sofort bevor der Hund die Hand berührt. Jetzt gebe ich wieder das Wort dazu und belohne die Berührung der Hand. Auf diese Weise verstärke ich das Nichtberühren, wenn kein Wort kommt und nur die Hand da ist und das Berühren, wenn das Wort inklusive der Hand kommt.

Dadurch lernt der Hund, sich auf das verbale Wort zu konzentrieren und das Sichtsignal überschattet nicht das gewünschte Signal.

Überschattungen überall

Im Alltag gibt es viele Überschattungen und oft ist das kein Problem, wenn auch die nicht bewussten Signale immer gegeben werden. Welche für den Hund wichtiger sind, spielt keine Rolle. Wenn jedoch in einigen Situationen die dem Hund wichtigen, dem Menschen aber nicht bewussten Signale nicht gegeben werden, dann kann das zu Unverständnis beim Menschen führen.

Die meisten Hunde mögen keinen Stress und lernen gern. Deshalb ist es nur fair, so zu arbeiten, dass sie wirklich verstehen, was man von ihnen will. Meistens sind es menschliche Trainingsfehler, die auch wenig mit Bindung zu tun haben. Training ist ein Handwerk und hat Einfluss auf die Bindung, im Guten wie im Schlechten. Deshalb ist es unsere Aufgabe, gute Handwerker zu sein und unseren Hunden Fehler zu ersparen, die unsere Schuld sind.

Es fängt damit an, sich seiner Signale bewusst zu sein und diese für den Hund deutlich zu sortieren!

Was sind deine Gedanken zum Thema "Überschattung"?

Schreib es uns gern unten in die Kommentare!

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Ariane Ullrich

Ariane Ullrich

Ariane Ullrich ist Verhaltensbiologin, Initiatorin des Hundekongresses, Hundetrainerin, Hundetrainertrainerin, Autorin und Referentin.

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